Die Ätzcharakteristik - Selektivität, Ätzprofil, Ätzrate, Homogenität, Reproduzierbarkeit - ist beim reaktiven Ionenätzen (Reactive Ion Etching, kurz RIE) durch die eingesetzten Gase und die Prozessparameter (Generatorleistung, Druck, Plattenabstand, Gasfluss) exakt einstellbar. Dabei ist sowohl ein isotropes als auch ein anisotropes Ätzprofil möglich. Damit ist das RIE-Ätzen, ein chemisch-physikalisches Ätzverfahren, das wichtigste Ätzverfahren zur Strukturierung diverser Schichten in der Halbleiterfertigung.
In der Prozesskammer befinden sich die Wafer auf einer mit Wechselspannung gespeisten Elektrode (HF-Elektrode). Durch Stoßionisation wird ein Plasma erzeugt, das freie Elektronen und positiv geladene Ionen enthält. Bei positiver Spannung an der HF-Elektrode lagern sich die Elektronen an dieser an, und können sie auf Grund der Austrittsarbeit bei der positiven Halbwelle nicht verlassen, die Elektrode lädt sich somit auf bis zu 1000 V negativ auf (BIAS-Spannung). Die langsamen Ionen, die der schnellen Wechselspannung nicht folgen konnten, bewegen sich nun in Richtung der negativ aufgeladenen Elektrode mit den Wafern.
Ist die freie Weglänge der Ionen groß, treffen die Teilchen auf Grund ihrer Geschwindigkeit nahezu senkrecht auf die Scheiben. Dabei wird Material durch die beschleunigten Ionen von der Oberfläche herausgelöst (physikalisches Ätzen), teilweise reagieren die Teilchen aber auch chemisch mit dem Substrat. Vertikale Kanten werden dabei nicht getroffen, so dass hier kein Abtrag erfolgt und das Ätzprofil anisotrop ist. Die Selektivität ist durch den physikalischen Abtrag nicht sehr hoch, zudem wird die Scheibenoberfläche durch die beschleunigten Ionen geschädigt. Diese muss später durch thermische Behandlung ausgeheilt werden.
Der chemische Anteil der Ätzung geschieht durch die Reaktion von freien Radikalen auf der Scheibenoberfläche und mit dem physikalisch abgetragenen Material, so dass sich dieses nicht wie beim Ionenstrahlätzen an den Kammerwänden oder auf den Scheiben anlagern kann. Durch Druckerhöhung nimmt die freie Weglänge der Teilchen ab, es passieren auf dem Weg zur Scheibe also viele Stöße zwischen den Teilchen, die so ihre Richtung fortlaufend ändern. So geschieht keine gerichtete Ätzung mehr auf der Scheibenoberfläche, der Ätzprozess nimmt einen stärker chemischen Charakter an, das Ätzprofil ist isotrop, die Selektivität erhöht sich.
Darstellung eines RIE-Reaktors in Hexodenbauform
Darstellung eines RIE-Reaktors in Parallelplattenbauweise
Durch eine Passivierung der Seitenwände bei einer Siliciumätzung wird ein anisotropes Ätzprofil erzielt. Dabei reagiert Sauerstoff in der Prozesskammer mit herausgelöstem Silicium der Waferoberfläche zu Siliciumdioxid, das an den vertikalen Kanten aufwächst. Eine Oxidschicht auf horizontalen Flächen wird durch den Ionenbeschuss entfernt, so dass eine Ätzung in die Tiefe fortschreiten kann.
Die Ätzrate hängt in jedem Fall vom Druck, der Leistung des HF-Generators, den Prozessgasen, dem Gasdurchfluss und der Wafer- bzw. Elektrodentemperatur ab.
Die Anisotropie nimmt bei steigender HF-Leistung, sinkendem Druck und abnehmender Temperatur zu. Die Homogenität der Ätzung wird von den Gasen, dem Elektrodenabstand und dem Elektrodenmaterial bestimmt. Bei zu geringem Elektrodenabstand ist das Plasma nicht gleichmäßig in der Kammer verteilt und führt so zur Inhomogenität. Bei größer werdendem Abstand nimmt die Ätzrate ab, da das Plasma auf ein größeres Volumen verteilt ist. Als Elektrodenmaterial hat sich Kohlenstoff bewährt. Da die Fluor- und Chlorgase auch Kohlenstoff abtragen, bewirkt die Elektrode eine gleichmäßige Belastung des Plasmas. Scheibenränder werden so nicht stärker belastet als die Scheibenmitte.
Die Selektivität und Ätzrate lassen sich sehr stark durch die eingesetzten Ätzgase beeinflussen. Bei Silicium und Siliciumverbindungen kommen vor allem Chlor und Fluor zum Einsatz.